Conrad Veidt Society  
 

    

Tieckstraße 39, Berlin

    

Connie mit seinen Eltern

Um 1900

Fronttheater in Libau 1916

1917

1917 in "Furcht"

1918 in "Peer Gynt"

1919 in "Sehnsucht"

1919 in "Caligari"

1919 als "Cesare"

 

Conrad Veidt

Hans Walter Conrad Veidt (* 22. Januar 1893 in Berlin; † 3. April 1943 in Hollywood, Kalifornien) war ein deutscher Schauspieler.
 

 

Leben und Werk

Conrad Veidt wurde am 22. Januar 1893 in der Tieckstraße 39 in Berlin geboren. Seine protestantischen Eltern gehörten zu jenem zurückhaltenden Bürgerstand, der bis zur Jahrhundertwende nur Staatsbürger war - in sich gekehrt, kaisertreu und trotzdem  unpolitisch. Beide Eltern waren von ansehnlichem Äußeren, der Vater voller familiärer Initiative, gewissenhaft, streng, korrekt - die Mutter fürsorglich, zart und nachgiebig.

Conrad Veidt wuchs in geordneten Verhältnissen auf, besuchte in Schöneberg das Hohenzollerngymnasium, welches er 1912 aufgrund mangelnder Leistungen ohne Abschluss verließ.  Veidt später: 

"Am Hohenzollerngymnasium zu Schöneberg gehörte ich zu den allerschlechtesten Schülern und meine Lehrer waren durchweg von meiner Untauglichkeit, im Leben weiter zu kommen überzeugt.  Ich wollte nur träumen, schwärmen, lieben. Und vor allem: ja keinen Abend auf der Galerie des Deutschen Theaters versäumen! Damals wußte ich schon, was ich werden wollte: Schauspieler!"

 Am 23. Mai 1913 debütierte der Schauspielschüler des Deutschen Theaters unter Max Reinhardt als Schreiber in Der Arzt am Scheideweg (George Bernard Shaw). Es war der Beginn einer langen Reihe kleinerer Einsätze: kurze Statistenauftritte und später kleine Chargenrollen.

Der Erste Weltkrieg unterbrach Ausbildung und Theaterlaufbahn: Am 2. Mai 1915 erhielt er seinen Marschbefehl an die Ostfront. Bei den Kämpfen vor Warschau an Gelbsucht erkrankt, brachte man ihn in das Lazarett nach Tilsit. Nach seiner Gesundung arbeitete er durch die Vermittlung seiner Kollegin Lucie Mannheim an den Fronttheatern von Libau und Tilsit und bekam die Möglichkeit, große Rollen, wie z.B. Faust  zu spielen.

Im September 1916 kehrt Conrad Veidt an das Deutsche Theater zurück und erhält einen Rollenvertrag, der ihm zwar 120 Mark Gage pro Monat beschert, dafür aber keine tragenden Rollen. Seine Theatersituation in Berlin bestimmte sich durch das Studium seiner großen Vorbilder: Albert Bassermann, Paul Wegener und Werner Krauß.

Veidt ist nun Nachrückspieler für Wegener, Moissi oder Bassermann und die Kritiker werden auf ihn aufmerksam -  anfänglich durch seine auffallende Physiognomie: Seine 191cm hohe, hagere Gestalt trug einen sehr ausdrucksreichen Kopf mit schmalen Wangen, einem markant gezeichneten Mund und großen brennenden Augen.

 Herbert Ihering: "Veidt bleibt auf der Bühne starr, monoton und (auch körperlich) unintensiv (...). Veidt arbeitet auf der Bühne mit Spannung. Aber sein Gesicht hat ekstatischen Ausdruck nur in der Ruhe. Angestrengt enthüllt es seine Seelenlosigkeit. Veidt ist der merkwürdige Fall, daß ein Schauspieler durch seine Körperbedingungen irregeleitet wird. Daß er sich nicht von seinem Temperament, sondern von seinem "Aussehen" bestimmen läßt. Sein Aussehen treibt ihn auf Schmerzlichkeit, Inbrunst, Entsagung. Auf der Bühne gehört Veidt dem "Aussehen" und verstellt sich ekstatisch."

In den expressionistischen Stücken gestaltet Veidt die Figuren durch konzentrierte Gebärden, der Verwandlungskraft seines Gesichtes und rhythmisches Sprechen. Er schien sein Aufgabenfeld in diesen ekstatischen Stücken zu finden, doch seine Möglichkeiten wurden an den Reinhardtbühnen nicht weiterentwickelt. Die zu der Zeit schauspielerische Unentschlossenheit resultierte wohl aus dem Nachahmen  der großen Vorbilder wie dem eigenwilligen, von ihm bewunderten Werner Krauß.

Krauß ging 1916 zum Film, um zusätzliches Geld zu verdienen. Veidt folgte 1917. Und auch hier ist wieder der Ausdruck seiner Physiognomie, die auffiel und ihm eine Aura verschaffte.

Herbert Holba: "Der Film griff nach seiner außergewöhnlichen Erscheinung. Diese schlanke, fast elegante magere Figur.  Dieser hohe Kopf mit seiner ausdrucksvoll formulierten Stirn. Die dämonisch tiefliegenden Augen, die befehlen wie sie stechen konnten. Die langen, männlich sensiblen Hände. Der Gestus von Unnahbarkeit, von Unheil, Herrschsucht und Faszination, den dieser Mann mit einer überredenden Selbstverständlichkeit ausübte - das alles machte ihn kinofähig, leinwandwirksam."

Soweit heute noch eine Vorstellung von seinen ersten Filmen von 1917 zu erzeugen ist, wurde das junge, 24 Jahre alte Talent der Reinhardtbühnen nach seinem "Aussehen" eingesetzt: Er spielte kalte und dämonisch blickende Figuren, das Fremde, auch das Exotische wurde herausgestellt. Die dunkel umrandeten Augen im weißen, hageren Gesicht, die hohe Stirn mit der seitlichen Haarlocke machten aus ihm eine "Nachtgestalt".

Conrad Veidt verstand es von Anfang an, ohne Publikum spielen zu können. Seine Kraft, Gefühltes in die plastische Form der Gebärde zu bringen, war so groß, daß er schon in seinen ersten Filmen zum Mittelpunkt der Szene wurde. Er wurde durch sein "sprechendes Gesicht" zum Charakterdarsteller und begründete früh seinen Ruf als dämonischer Filmtyp und Darsteller nervöser überfeinerter Menschen.

1918 fand der Regisseur Richard Oswald in Conrad Veidt den idealen Filmschauspieler, der seinen Vorstellungen entsprach: "Man muß einen Schauspieler nach seiner Persönlichkeit aussuchen... die Hauptsache ist das Gesicht. Nur Schauspieler mit "Film-Gesichtern" sind zu brauchen. Man muß infolgedessen das Gesicht oft und groß zeigen."

Mit dem Film "Tagebuch einer Verlorenen" beginnt die fruchtbare Zusammenarbeit mit Richard Oswald, der Veidt in seinen Sitten- und Aufklärungsfilmen als Star aufbaut. Von 1918 - 1937 war Veidt Hauptdarsteller in 21 Oswald-Filmen, u.a. "Das Tagebuch einer Verlorenen", "Anders als die Anderen", "Unheimliche Geschichten", "Der Reigen", "Lady Hamilton", "Lucrezia Borgia", "Carlos und Elisabeth", "Dürfen wir schweigen?" und "Sturm über Asien".

Oswalds  Aufklärungsfilme, die häufig als "ordinäre oder pornographische" Filme bezeichnet wurden,  festigten den Ruf des dämonischen Conrad Veidt auch bei anderen Regisseuren wie F.W. Murnau oder Robert Wiene  und verschafften ihm typische Rollen wie den Teufel in "Satanas", den Tod in "Unheimliche Geschichten", den Dr. Jekyll /Mr. Hyde-Part in "Der Januskopf" oder Cesare in "Das Cabinett des Dr. Caligari".

Im Februar 1920 wurde im Berliner Marmorhaus "Das Cabinett des Dr. Caligari" uraufgeführt. Der von Robert Wiene in Szene gesetzte Film ging durch die Dekorationen der Maler Walter Röhrig, Walter Reimann und Hermann Warm sowie der Schauspielkunst von Werner Krauß und Conrad Veidt als erster expressionistischer Film in die Geschichte ein. Siegfried Kracauer schrieb in seinem Buch: "... wenn Conrad Veidt als Cesare sich an der Mauer entlang tastete, so war es, als ob diese selbst ihn erst aus sich hervortreten ließe..." und Kurt Tocholsky schreibt 1920: "Veidt stelzt dünn und nicht von dieser Erde durch seine wirre Welt: einmal ein herrlicher Augenaufschlag, einmal wie von Kubin, schwarz und schattenhaft und ganz lang an der Mauer hingespensternd."

Spätestens mit der Rolle des Somnambulen Cesare erfährt Veidt sein Image als dämonischer Typ,  wozu seine markante äußere Erscheinung ebenso wie sein expressiver Darstellungsstil beiträgt. Der bis heute bedeutende, einflussreiche Film fand 1920 auch im Ausland große Beachtung und macht Conrad Veidt international bekannt.

 

...wird fortgesetzt...

 


  • Quellen: u.a. Paul Ickes, Robert Ramin, Herbert Ihering, Herbert Holba, Rainer Blume, Werner Fritsch, Siegfried Kracauer.

  • www.conrad-veidt-society.de