Conrad Veidt Society  
 

    

   

 

     

      

 

   

    

   

  

    

   

   

 

   

   

 

   

   

 

   

  

   

vorläufiger Text:

Der deutsche Stummfilm 1895-1929

Die folgende Chronologie beabsichtigt keine lückenlose Aufzählung der deutschen Stummfilme, sie will nur die für die Entwicklung des deutschen Films bedeutsam gewordenen Ereignisse und Filmwerke aufzeigen.

1895  Am 1. November führen die Brüder Max und Emil Skladanowski im Berliner Wintergarten ihr Bioscop vor. (Erste Filmvorführung in Deutschland)

1896 Oskar Messter (Inhaber einer Firma für optische Geräte), der "Vater der deutschen Kinotechnik", erfindet das so genannte Malteserkreuz und stellt die ersten brauchbaren Kameras und Projektoren her.

1897 Messter errichtet in Berlin das erste Aufnahme-Atelier Deutschlands. Mit seinen teilweise schon im Jahre 1896 produzierten Filmen
            Am Brandenburger Tor in Berlin
            Wilhelm II. in Stettin
            In Friedrichsruh (ein Schauspieler in Maske stellt Bismarck dar)
            Vom Ernst zum Lachen
            Schnellmaler Clown Jigg

wird Oskar Messter der eigentliche Begründer des deutschen Films.

1903 Wanderkinos zeigen auf Jahrmärkten 20-30-Minuten-Programme, deren einzelne Streifen selten länger als 2 Minuten dauern und u.a.  folgende Titel führen:
            Panorama von Atlantic-City
            Der unglückliche Forellenfang am Wildbach
            Défilé de la Garde Republique à Paris
            Der horrible Grimassen- und Fratzenschneider
            Reise durch die Schweiz im Sommer
            Der Kampf ums Dasein oder Es ist besetzt
            Der flinke Rettungspolizist am Hafen
            Lehmann ist ein schlechter Kutscher

Amerikanische, englische, französische, italienische und dänische Filmfabriken schicken in jeder Woche Tausende von neuen Filmen nach Deutschland.

1905 Die ersten festen Lichtspiel-Theater werden in den größeren Städten errichtet. Es beginnt der Konkurrenzkampf zwischen Wanderkino und Lichtspiel-Theater.

1907  Der Zwischentitel wird eingeführt und verdrängt den "Erklärer".

1909  Der erste deutsche "Filmstar": Henny Porten spielt, 18jährig, unter der Regie von P. Messter in dem Film
              Das Liebesglück einer Blinden

1913  Die Geburtsstunde der Filmkritik: Der Hauptdarsteller des Films
              Der Andere,
Albert Bassermann, hat als erster großer Schauspieler den Sprung vom Theater zum heiß umstrittenen Kino gewagt. Ein Ereignis, das von allen Theaterkritikern eingehend gewürdigt wird. Im gleichen Jahre erscheint der erste künstlerische Film Deutschlands:
             Der Student von Prag
Dieser Film erobert mit einem Schlage den Weltmarkt und lenkt die Aufmerksamkeit der Filmindustrie aller Länder auf Deutschland. Zum ersten mal finden sich in den Neubabelsberger Ateliers vier bedeutende Künstler zu einer bis dahin unbekannten Kollektivarbeit zusammen: Der Schriftsteller Hanns Heinz Ewers, der Schauspieler Paul Wegener, der Kopenhagener Regisseur Stellan Rye und der Filmoperateur Guido Seeber.

1914  Der noch unbekannte Emil Jannings steht in den Filmen
            Im Banne der Leidenschaft
            Passionels Tagebuch
            Arme Eva
zum ersten Male vor der Kamera.

1915 Die ersten Kriegswochenschauen werden gedreht. In der Heimat werden zur gleichen Zeit so genannte "patriotische" Filme hergestellt:
             Kriegsgetraut
             Es braust ein Ruf wie Donnerhall
             Ein Überfall in Feindesland
             Die Wacht am Rhein
             Todesrauschen
             Deutsche Frauen, Deutsche Treue
             Das ganze Deutschland soll es sein

Nach dieser ersten Welle feldgrauen Filmkitsches werden wieder vorwiegend Filmpossen (mit Guido Thielscher, Ossi Oswalda. Paul Westermeier, Arnold Rieck , Albert Paulig u.v.a.), Sensationsfilme (mit Harry Piel) und Detektivfilme (Stuart-Webbs-Serie) gedreht.

1916  Der dänische Filmkonzern Nordisk Film Kompagni verschafft sich durch eine eigene Produktion in Deutschland einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung des deutschen Films. Namhafte dänische Filmkünstler wirken um diese Zeit in deutschen Filmen mit: Asta Nielsen, Valdemar Psilander, Gunnar Tolnaes, Olaf Fönss und Viggo Larsen. Richard Oswald, später durch seine "Aufklärungs- und Sittenfilme" bekannte Regisseur, dreht seinen ersten bedeutenden Film: 

              Hoffmann's Erzählungen mit Werner Krauß, phantastische Geschichten aus "Nachtstücke" des Romantikers E.T.A. Hoffmann.                                                                                                                                    

1917  Gründung der UFA (Universum-Film-A.G.) mit einem Aktienkapital von 25 000 000 Mark. Unter dem Einfluss Alfred Hugenbergs entwickelt sich die UFA später zur bedeutendsten Filmgesellschaft Europas.

1918 Ernst Lubitsch dreht mit der neu entdeckten Pola Negri (Hofschauspielerin des Warschauer Nationaltheaters) Emil Jannings und Harry Liedtke den Film
               Die Augen der Mumie Ma

1919 Deutschland wird in den ersten Nachkriegsjahren das führende Filmland Europas. Die Entwertung der Mark ermöglicht das Anbieten deutscher Filme im Ausland zu konkurrenzlosen Preisen. Bei der UFA entstehen die ersten deutschen Monumentalfilme mit einem Riesenaufwand an Ausstattung und bisher unbekannten Massen von Schauspielern und Komparsen:
               Veritas vincit       (mit Mia May), Regie: Joe May
               Madame Dubarry       (mit Pola Negri und Emil Jannings) Regie: Ernst Lubitsch
               Die Pest in Florenz       Regie: Otto Rippert
Die beiden größten Schauspieler des deutschen Films, Emil Jannings und Werner Krauß, spielen zum ersten mal zusammen in einem Film:
               Die Brüder Karamasoff       Regie: Carl Froelich

1920  Nach dem Buch von Carl Mayer, dem bedeutendsten Drehbuchautoren des deutschen Films, dreht Robert Wiene den ersten expressionistischen Film:
               Das Cabinet des Dr. Caligari (mit Conrad Veidt und Werner Krauß)
Ernst Lubitsch setzt mit
               Anna Boleyn
die Reihe seiner historischen Großfilme fort.
Henrik Galeen und Paul Wegener drehen
                Der Golem - wie er in die Welt kam
Der erste deutsche Großkulturfilm ist
                Wunder des Schneeschuhs       von Dr. Arnold Fanck.

1921 Die beiden größten Regisseure der deutschen Stummfilmzeit, F. W. Murnau und Fritz Lang, beginnen fast gleichzeitig. Nach kleineren Filmen überraschen sie die Welt mit ihren ersten bedeutenden Werken:
                  Der müde Tod       von Fritz Lang
                  Schloß Vogelöd       von F. W. Murnau
Die deutsche Avantgarde stellt sich mit den ersten abstrakten Filmversuchen vor:
                  Rhythmus 21       von Hans Richter
                  Diagonal-Symphonie       von Viking Eggeling

1922
                   Tragödie der Liebe       (mit Emil Jannings), Regie: Joe May
                   Nosferatu       Regie: F.W.Murnau
                   Dr. Mabuse, der Spieler       Regie: Fritz Lang
In der Film-Trilogie
                   Fridericus Rex       Regie: Arzen von Cserepy
tritt zum ersten mal Otto Gebühr in der Maske Friedrichs des Großen auf. Diese schauspielerische Gestaltung löst eine Flut von Fridericus-Filmen aus.

1923
                    Die Strasse       Regie: Karl Grune
                    Der verlorene Schuh       Regie: Ludwig Berger
                    Opus I       von Walter Ruttmann
Die UFA stellt nach dem Verfahren der Tri-Ergon (Dr. Engl, Vogt und Massolle) den ersten Tonfilm her:
                    Das Mädchen mit den Schwefelhölzern
Schlechte Wiedergabe-Apparaturen lassen den Film bei der Uraufführung durchfallen; das Patent wird daraufhin in die Schweiz verkauft.

1924  Höhepunkt der deutschen Stummfilmkunst:
                    Die Nibelungen       Regie: Fritz Lang
                    Das Wachsfigurenkabinett       Regie: Paul Leni
und die beiden ersten Filme in Europa ohne Zwischentitel (nach Drehbüchern von Carl Mayer)
                    Der letzte Mann       Regie: F.W. Murnau
                    Syivester       Regie: Lupu Pick

1925  Wilhelm Prager und Dr. Nicholas Kaufmann unternehmen den gewagten Versuch, in einem Körperkulturfilm den künstlerischen Akt als durchgehendes Stilmittel zu verwenden:
                   Wege zu Kraft und Schönheit
Georg Wilhelm Pabst dreht den ersten und einzigen deutschen Film mit Greta Garbo:
                   Die freudlose Gasse
Die "entfesselte Kamera" (von Murnau im "Letzten Mann" eingeführt) wird von Ewald André Dupont erstmalig konsequent angewandt in seinem Film:
                    Varieté

1926  Gerhard Lamprecht dreht den ersten bedeutenden sozialkritischen Film über das Berliner Proletariat:
                   Die Unehelichen
Murnau inszeniert seine beiden letzten Filme in Deutschland:
                   Faust  (mit Gösta Ekman und Emil Jannings)
                   Tartüff  (mit Emil Jannings, Werner Krauß  und Lil Dagover)
Der erste psychoanalytische Kammerspielfilm:
                   Geheimnisse einer Seele  (mit Werner Krauß), Regie: G. W. Pabst

1927
                    Die Hose       Regie: H. Behrendt
Mit dem großen Dokumentarfilm
                    Berlin, Symphonie einer Großstadt
schafft Walter Ruttmann eine neue Filmgattung und das Vorbild für alle späteren Städtefilme.
Künstlerischer Höhepunkt des utopischen Films:
                     Metropolis       Regie: Fritz Lang
Das Drehbuch zu diesem - wie auch zu allen übrigen Fritz-Lang-Filmen - schreibt Thea von Harbou, die erfolgreichste Filmautorin der Stummfilmzeit.

1928
                    Spione       Regie: Fritz Lang
                    Alraune       Regie: Henrik Galeen
Siemens & Halske und die AEG errichten die deutsche Tonfilm-Industrie, in dem sie die beiden Gesellschaften Ton-Bild-Syndikat A.G. (Tobis) und Klangfilm GmbH ins Leben rufen.

1929 In den letzten bedeutenden Stummfilmen kündigt sich ein neuer kraftvoller realistischer Stil an, der zu den Vorläufern des späteren italienischen Neoverismus gerechnet werden kann:
                  Menschen am Sonntag       Regie: Robert Siodmak
                  Mutter Krausens Fahrt ins Glück       Regie: Phil Jutzi

außerdem die Welterfolge G.W. Pabsts mit der bis dahin eher unbekannten amerikanischen Schauspielerin Louise Brooks

                  Die Büchse der Pandora und Tagebuch einer Verlorenen

Im gleichen Jahre werden die ersten deutschen Tonfilme gedreht.

Quellen:
Benjamin S. Eichsfelder, Filmgeschichte in Stichworten, Hagen 1951,
Dr. Oskar Kalbus, Vom Werden deutscher Filmkunst, Berlin 1935,
Charles Reinert, Kleines Film-Lexikon, Zürich 1946.

wird überarbeitet fortgesetzt...

 

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